Die meisten Menschen richten ihr ganzes Leben darauf aus, alles in „trockene Tücher“ zu bringen um sich „sicher“ zu fühlen. Gute Schulbildung, gute Noten, um eine „gute“ Ausbildung zu bekommen. „Gute“ Ausbildung absolvieren, um einen „sicheren“ Job zu bekommen. Denn der „sichere“ Job „garantiert“ ihnen – so glauben sie – ein „sicheres“ Einkommen.
Nach ein paar Jugendabenteuern wird zunehmend das ganze Leben damit verbracht, „Sicherheit“ aufzubauen, damit man im Alter versorgt ist. Ein ganzes Leben wird verwendet, um im Alter „abgesichert“ zu sein. Sie suchen sich einen Partner, mit dem sie sich „sicher“ sein können. Sie versprechen sich das sogar (und damit haben sie sich in vielen Fällen versprochen), damit sie sich gegenseitig „sicher“ sein können. So ist ihr Leben ein Sicherheitskonstrukt.
Halt STOP! Ja, es gibt da ein paar Ausbrüche: Der jährliche Urlaub, die Stadtfahrten am Wochenende, die Kur in der Lebensmitte und die Partys, die Wies´n und der Karneval, die ihnen mit Essen, Trinken und lauter Musik das Gefühl geben, zu leben. Ist Party machen tatsächlich das höchste Lebensgefühl das sie erreichen? Irgendwie fehlt etwas. Je älter sie werden, umso schwieriger wird das mit dem Partymachen ja auch. Also bereisen sie, mit oder ohne Wohnmobil, die Welt. Eine AIDA Kreuzfahrt hat ja auch was…. Das ist dann das große Abenteuer!
Warum tun sie das? Weil sie Angst haben. Existenzangst und somit also Angst vor dem Leben. Angst vor Ungewissheit. Denn das Leben ist ungewiss. Ungewissheit in einem existenziell bedrohlichen Ausmaß. Einem solchen Ausmaß, dass das gesamte Leben dafür verwendet wird, diese Ängste zu verhindern – statt zu leben. Der Preis für diese Sicherheit ist das Leben selbst. Das ganz große Kino, mit den ganz großen Gefühlen, welches sie auf die Leinwand beschränken, weil sie es selbst nicht leben. „Sichere“ Partnerschaft statt großes Kino der Gefühle. Eintöniger oder frustrierender Job statt Abenteuer und Veränderung. Öde Wohnsituation statt Risiko. Langweilige Freundschaften statt Gefahr zu laufen, alleine zu sein.
Das Bekannte wird dem Unbekannten vorgezogen. Das vermeintlich „Sichere“ wird der Unsicherheit bevorzugt. „Sicherheit“, um alles in der Welt. Sichere Ausbildung, sicherer Job, sichere Partnerschaft, sicheres Einkommen, sichere Armut und sicheres Unglück.
Ich glaube aber, dass unser tiefstes inneres Streben es ist, zu lieben und geliebt zu werden. Das ist unser größtes Bedürfnis. Doch die Angst, nicht geliebt zu werden, nicht akzeptiert zu werden, nicht angenommen zu sein usw. hindert uns, das innewohnende Bedürfnis zu leben. Stattdessen suchen wir im Außen Anerkennung, Sicherheit und Gewissheit. Wir wollen uns sicher sein, dass wir geliebt werden, dass wir angenommen und akzeptiert sind. Wir bauen ein äußeres Konstrukt auf, welches den anderen glaubhaft machen soll, dass es sich lohnt, uns zu lieben und zu akzeptieren. Aber dadurch verhindern wir nicht nur, dass wir wir selbst sind, sondern auch, dass wir unser Leben leben. Manchmal kommt es mit so vor, dass unser Leben vielmehr ein Konstrukt der Angstverhinderung ist.